Hallo Flo, zuerst einmal wie ist die Lage Momentan in Südafrika ?

Hier ist momentan alles beim alten. Klar die Zahlen sind durch die Mutation etwas gestiegen und eine 4. Welle ist auch hier wahrscheinlich aber momentan gibt es hier 2000-3000 Fälle pro Tag, also deutlich entspannter als in Deutschland zur Zeit. Ich habe zur Zeit hier ein Wave Camp und deshalb war die Lage etwas unübersichtlich weil einige Teilnehmer nicht fliegen konnten und anderen der Rückflug gestrichen wurde. Momentan gibt es aber ein paar Airlines die täglich Fliegen und somit scheint sich alles zu normalisieren.
Ich versuche mich auf das zu konzentrieren was ich kontrollieren kann und auch in dieser Situation positiv zu bleiben. Ich bin viel auf dem Wasser und versuche mich auf das wesentliche zu konzentrieren.

Florian Jung

Wie waren die letzten Wochen in Kapstadt?

Hier herrscht momentan Frühling und der konstante South Easter Wind kommt so langsam gut in Fahrt. Durch eine Fußverletzung musste ich es am Anfang November noch etwas vorsichtig angehen lassen aber kann jetzt nach vielen Stunden im Kraftraum wieder Vollgas geben. Wir haben Mitte November hier die neuen 2022er Wave Segel in Traumbedingungen abfotografiert und jetzt bin froh über jede Session, die ich hier auf dem Wasser habe, bevor es in ein paar Tagen wieder zurück ins kalte Deutschland geht- wohlgemerkt mit 2 wöchiger Quarantäne.

Florian Jung Gunsails Photoshooting

Wie kann man sich deinen Tagesablauf vor Ort vorstellen?

Ähnlich wie in Hawaii stehe ich sehr früh auf und gehe dementsprechend früh ins Bett. Ein Tag startet für mir meist um 5:30 mit einem kurzen Morgenlauf und ein paar Übungen am Strand. Danach fahre ich meinen Sohn zum Kindergarten und geh dann von 9-11 Uhr auf Wasser. Mittagspause mache ich meist mit meiner Familie und dann stehen Nachmittags nochmal eine Session auf dem Programm. Jeder Tag ist hier aber anders da man sich immer wieder an die Bedingungen anpassen muss. Ich wohne in der Nähe von dem Kap der guten Hoffnung und so habe ich eine Vielzahl von Spots vor der Haustür. Darüber hinaus habe ich immer etwas zu tun, da ich mit meiner Frau auch eine Non Profit Organisation namens „ Mon Coeur“ führe, (www.moncoeur.de) wo wir Projekte initiieren und Produkte in den Townships produzieren um durch den Verkauf möglichst vielen Kindern Zugang zu guter Bildung zu ermöglichen.

Mon Coeur Florian Jung

Kapstadt ist für mich eine der schönsten Orte der Welt aber in vielerlei Hinsicht herrscht hier auch eine große Kluft von Arm und Reich und daraus resultierend viele Probleme. Es spiegelt aber auch eine Realität wieder wie es in vielen Ländern dieser Erde aussieht und finde es wichtig auch für meine Kinder, das wir uns dadurch unserer Privilegien bewußt werden und entsprechend mit kleinen Mitteln einen Unterschied machen können.

Florian Jung surfing with kids

Du setzt dich seit Jahren auch für den Meeresschutz ein und warst vor kurzen in den Abendnachrichten mit einer Aktion gegen Öl Explorationen an der südafrikanischen Küste ? Was hat es damit auf sich?

Die Aktion richtet sich gegen Shell die hier in den nächsten Monaten Exploration des Meeresgrundes vornehmen. Ein Schiff wird mit Hilfe von Airguns ein dreidimensionales Bild des Meeresgrundes erzeugen. Um dabei auch tiefere Schichten darstellen zu können, wird jede Menge Lärm gemacht und das Echo gemessen. Diese Airguns erzeugen dabei über Monate alle 10 bis 12 Sekunden Schallwellen, die sich unter Wasser wie Explosionen anhören. Diese Maximalbeschallung findet bei solchen Explorationen normalerweise 24 Stunden am Tag statt. Dabei werden tausende von Tieren wie Wale in Mitleidenschaft gezogen und wird eine wilde Küstenregion von 6000km schädigen.

Florian Jung ocean activist shell

Zusammen mit tausenden von anderen Mitstreiter wollte ich dagegen angehen und dies mit allen Mitteln verhindern. Ich wollte etwas bewegen und habe mir mit meinen Sohn einen Fisch gebastelt und mir den auf den Rücken geschnallt und bin morgen um sechs Uhr auf Meer rausgefahren und habe das Schiff vor der Hafeneinfahrt 'Willkommen' geheißen, um auf die Ausmaße dieses Test aufmerksam zu machen. Im Ganzen Land gab es Demonstrationen und vor allem viele Surfer sind hier geschlossen auf die Strasse gegangen. Ob wir es verhindern können ist fraglich aber Millionen von Menschen wurden dadurch sensibilisiert. Ich hoffe, dass wir endlich damit anfangen neue Wege zu gehen wie wir diese Maßnahmen durch neue Technologien möglichst vermeiden können. Wir haben alle Ressourcen und all das Know how. Jetzt müssen wir schnelle Lösungen finden wie wir dieses Wissen anwenden. Nicht nur wir als Windsurfer brauchen das Meer. Wir alle sitzen in einem Boot.