Philippe Vigneron ist Cheftester der GUNSAILS Segelentwicklung in Tarifa. In Europas Windsurf Mekka wohnen und fast jeden Tag surfen… Was nach einem Traumjob klingt, ist in Wirklichkeit harte Arbeit. Wir haben Philippe ein paar Fragen gestellt und lassen euch einen Blick hinter die Kulissen werfen.

Woher kommst du und wann hast du mit dem Windsurfen angefangen? Ich komme aus einem kleinen Dorf in der Vendée, nahe der Küste. Ich habe Ende der 70er Jahre mit dem Windsurfen angefangen. Meine Eltern waren Windsurf-Fanatiker und surften fast jedes Wochenende und in den Ferien auf der Ile de Noirmoutier. Damals war die Ausrüstung (Windsurfer, Oceanite, Rex...) noch nicht für Kinder geeignet. Mein Vater schneiderte mir ein Segel, damit ich surfen konnte. Die Ausrüstung war sehr rudimentär, aber wir verbrachten unsere Tage auf dem Wasser, egal wie die Windverhältnisse waren. Die Strände waren überfüllt mit Windsurfern!

Philippe Vigneron Windsurf Tester

Wie lange arbeitest du schon für GUNSAILS und wie bist du zu diesem Job gekommen? Ich arbeite seit den frühen 2000er Jahren für GUNSAILS. Es war Jochen Krauth, der eine Empfehlung für mich ausgesprochen hat. Er wollte sich zu Bootsregatten hin entwickeln, und nach einem Jahr des Übergangs wurde ich hier in Tarifa angeheuert.

Welches Bewerberprofil und welches Know-how ist deiner Meinung nach für diese Aufgabe erforderlich? Ich weiß nicht, ob es ein typisches Profil für diesen Job gibt, aber nach vielen Jahren des Testens von Segeln mit verschiedenen Leuten denke ich, dass man ein gewisses seglerisches Feingefühl, ein gutes visuelles Gedächtnis und vor allem etwas Zeit braucht!!! Zu verstehen, wie ein Segel funktioniert, ist an sich nicht sehr kompliziert. Die Schwierigkeit und Herausforderung liegt darin, zu wissen, wo etwas an einem Segel nicht stimmt und dann zu wissen, wie man es korrigiert: die Fehler in einer Mastkrümmung zu sehen, ein Lattenprofil zu ändern zum Beispiel. Dies erfordert Erfahrung, aber auch eine gute Zusammenarbeit mit dem Segeldesigner.

Kannst du uns einen typischen Arbeitstag beschreiben? Wir arbeiten nach dem Wind. Wir haben immer 2 oder 3 Segelgrößen, Masten, Zubehör mit im Fahrzeug. Wenn der Test beendet ist, gehe ich zurück in die Loft und wir führen eine Nachbesprechung mit dem Segeldesigner Renato Morlotti durch. Das Segel wird dann nachgearbeitet und kann noch am selben Tag für einen zweiten Test wieder aufs Wasser gebracht werden. Prototypen werden manchmal hier in Tarifa hergestellt (die meisten Prototypen kommen direkt aus der Fabrik). Es kann schon mal vorkommen, das man den ganzen Tag damit verbringt, ein Segel zusammenzubauen und zu vernähen. Es gibt eigentlich keine typischen Tage, alles wird von den Etappen der Segelentwicklung diktiert, aber es ist nie langweilig!

Wie viele Tage im Jahr surfst du? Ich habe die Tage, an denen ich surfe, nie genau nachgezählt, aber ich würde sagen, mindestens 200 Tage im Jahr. Um es genau zu sagen, müsste ich in meinen Testreports nachsehen.

Wie testest du Segel? An welchem Punkt weisst du, dass dieses Segel das Beste ist? Ich probiere alle Segel zunächst nach Gefühl aus, wobei ich genaue Kriterien je nach Art der getesteten Segel berücksichtige: Einsatzbereich, Bedienungskomfort, Leichtigkeit, Leistung, Auftrieb, ON/OFF etc. Wenn wir ein Segel wie das Vector nehmen und es beim ersten Test ein gutes Gefühl vermittelt, dann machen wir einen zweiten Vergleichstest mit einem zweiten Tester, der mit dem Vector vom letzten Jahr ausgestattet ist, das dann als Referenzsegel dient. Wir verwenden Serienmasten und sehen so das volle Potential des neuen Segels (Geschwindigkeit, Leistung, Beschleunigung, Halsenrelaunch) in seinem gesamten Windbereich. Es müssen oft Kompromisse eingegangen werden, da das Ergebnis selten ganz schwarz oder ganz weiß ist. Bei X-Over Segeln (Wave, Freestyle...) erfolgt der Test nur nach Gefühl. Ich teste auch regelmäßig die aus dem Lager entnommenen Produktionssegel, um ihre Qualität und Konformität zu kontrollieren. GUNSAILS legt großen Wert auf die Qualitätskontrolle seiner Produkte, die Anforderungen sprechen für sich!

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Hast du eine Lieblingsdisziplin? Meine Lieblingsdisziplin ist die Welle. Tarifa ist leider nicht der beste Spot, aber wenn die Bedingungen gut sind, ist es gar nicht so schlecht! Manchmal muss man geduldig sein. Ich foile jetzt seit etwas mehr als 2 Jahren und es macht mir immer mehr Spaß. Vielleicht eine neue Disziplin für mich 😉.

Hast du schon einmal eine dramatische und gefährliche Situation auf dem Wasser erlebt? Zum Glück habe ich noch nie eine dramatische Situation auf dem Wasser erlebt. Mit Victor Diaz, ein ehemaliger GUNSAILS-Fahrer, haben wir in Caños de Meca einen Surfer gerettet, der sich die Schulter ausgekugelt hatte. Er trieb auf dem Meer. Wir sammelten ihn ein, kurz bevor er von der Strömung ins offene Meer gespült wurde. Ich glaube, er erinnert sich noch daran!

Den Lebensunterhalt mit Surfen verdienen, ein Traum für viele... Wie motiviert man sich nach so vielen Jahren auf dem Wasser? Es stimmt, dass ich sehr viel Glück habe, weil ich einen Job mache, den ich leidenschaftlich gerne mache. Über die Zeit muss man, wie in jedem Job, sich so viel wie möglich engagieren, um es so spannend wie möglich zu machen. Ich denke, dass man sich schnell langweilt, wenn man als Dilettant arbeitet, selbst wenn man denkt, dass man den besten Job hat.

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Was machst du in deiner Freizeit? Gehst du surfen? 😉 Ich ruhe mich aus. Ich gehe mit meiner Familie mit dem Boot raus, ich verbringe Zeit mit meiner Frau, meinen Kindern, meinen Freunden... Manchmal haben wir am Wochenende Windbedingungen, die wir eigentlich unter der Woche erwartet haben. Dann muss ich auch mal am Wochenende arbeiten.

Welchen Rat kannst du jemandem geben, der sich für diesen Job interessiert? Ich weiß nicht, ob ich gute Ratschläge geben kann, aber ich glaube, dass man vor allem ausdauernd, neugierig und körperlich fit sein muss. Ausdauer, denn die Entwicklung des Materials erfordert Geduld und eine Menge Hingabe! Und Neugierde und gute körperliche Fitness gehören zusammen und sind ein Muss.